Seite: Wurminfektion - Ein Erfahrungsbericht

Immer wieder liest man, dass man bei einem Eingangscheck neben den üblichen Untersuchungen auch auf Würmer untersuchen lassen soll. Dies wäre besonders wichtig bei Vögeln, die aus einer Außenvoliere stammen. Allerdings bedeutet das nicht, dass eine Wurminfektion auch tatsächlich festgestellt wird. Das zeigt der Fall von Snowy.

Snowy kam 2016 zusammen mit drei Schwarmmitgliedern zu uns. Der Eingangscheck ergab nichts, weshalb sie nach der Quarantänezeit, in der sie in einem extra Zimmer standen, zu den anderen ziehen durften.
4 Wochen später fiel mir auf, dass Snowy sich irgendwie merkwürdig verhält. Er wirkte teilnahmslos und sonderte sich vom Schwarm ab. Dazu hatte er teilweise ein nasses Köpfchen, das ich mir nicht erklären konnte (sah aus, als ob er kopfüber in den Wassernapf gefallen wäre). Aber ansonsten war er gut drauf. Ein weiterer TA-Besuch ergab nichts Auffälliges. Nur Staphylokus aureus konnte nachgewiesen werden, weshalb er Antibiotika bekam. Nach 3 Tagen war Snowy wieder fit. Das Ganze wiederholte sich einige Wochen später, wo er noch einmal AB bekam und dann tournusmäßig (wo ich ihm kein AB mehr gab, da ich es für sinnlos hielt). Alle paar Wochen wirkte Snowy teilnahmslos und desinteressiert. Der nasse Kopf kam dadurch zustande kam, dass Snowy Schleim (ohne Körner) aus seinem Kopf hochwürgte und um den Schnabel und im Gesicht verteilte. Weitere TA-Besuche ergaben bis auf den altbekannten Stapholokkukus aureus nichts. Snowy zu isolieren brachte nichts. Denn im Krankenkäfig randalierte er. Er gab keine Ruhe, bis er wieder zu den anderen durfte und fraß nichts mehr. Also durfte er notgedrungen bei den anderen bleiben. Nach ein paar Monaten hatten wir uns an Snowys Eigentümlichkeiten gewöhnt. Wir sagten dann: Er hat einmal wieder seine Tage. Denn die Tage kamen und gingen. Zwischen diesen Tagen war Snowy völlig normal. Er balzte, erzählte, flog wie ein Weltmeister und genoss das Leben.

Nach 2 Jahren fiel auf, dass Snowy Probleme mit dem Gleichgewicht bekam. Anfangs schob ich das auf seine Tollpatschigkeit. Er stolperte einmal, wenn er übers Gitter rannte oder lief etwas unsicher. Aber er war augenscheinlich gut drauf, erzählte, flog, nahm am Leben teil.
Merkwürdig wurde es, als ich eines Abends nach Hause kam und sah, dass Snowy sich kaum auf den Beinen halten konnte. Es wirkte so, als hätte er keine Kraft in den Beinen mehr. Dazu zeigte er am ganzen Körper ein Zittern, das mich am ehesten an Parkinson beim Menschen erinnerten. Die Flügel funktionierten komischerweise einwandfrei. Beim Abtasten kam mir sein Brustbein sehr spitz vor und die Waage bestätigte meinen Verdacht: Snowy war mit 26 Gramm viel zu leicht. Bis auf die schwachen Beine und ein leichtes Zittern zeigte Snowy keine weiteren Symptome. Trotzdem wurde er aufgrund seines extremen Untergewichts an dem Abend als Notfall stationär in der Praxis aufgenommen und mit Brei zugefüttert.

Bei der Untersuchung wurde ein hochgradiger Megabakterienbefall festgestellt, wobei der TA verwundert darüber war, dass Snowy 4 von 5 typischen Symptomen fehlten. Einzig das geringe Gewicht sprach für einen möglichen Megabakterienbefall. Snowy zeigte keine Körner im Kot, kein Würgen, kein Plustern, keine Teilnahmslosigkeit. Im Gegenteil: Er flog durch die Gegend wie ein Weltmeister und erzählte Merlin seine Lebensgeschichte. Er war nur dünn und extrem wackelig auf den Beinen und wirkte wie ein alter Mann oder ein uralter Welli. Das Zittern (Tremor am ganzen Körper – wie es der TA nannte) und die Gleichgewichtsstörungen erklärte der TA mit einer Unterzuckerung, die er bei Snowy aufgrund der Megabakterien vermutete. Das Röntgenbild zeigte aufgegaste Darmschlingen und eine äußerliche Begutachtung brachte noch eine Stauung an der Bürzeldrüse zutage.
In der Folgezeit wurde Snowy gegen Megabakterien behandelt. Nach 5 Tagen durfte ich ihn wieder abholen. Er hatte etwas an Gewicht zugelegt. Das war aber auch das Einzige. Schon in der Praxis fiel mir auf, dass Snowy sich immer noch nicht auf den Beinen halten konnte. Auch der Tremor, das Zittern, war unverändert vorhanden. Ich sprach das beim Abholen auch an. Mir wurde gesagt, das käme jetzt vom Stress durch das Einfangen und Umsetzen in die Transportbox.
Zuhause blieb der Zustand unverändert. Snowy wurde weiter mit Ampho Moronal behandelt (wie der Rest seiner Familie auch). Aber seine Beine wollten trotzdem nicht besser werden. Er konnte sich auf der Stange nicht mehr festhalten und wenn er sich kratzen wollte, kippte er einfach um. Mir war das ein Rätsel. Denn Fliegen konnte er ohne Probleme. Die Greifreflexe waren auch da, wenn auch nicht ganz so stark wie es sein sollte. Trotzdem konnte er die Beine nicht wie gewohnt benutzen. Gewichtsmäßig blieb Snowy bei um die 30 Gramm.

An der Stelle kam uns der Zufall zur Hilfe. Einerseits las ich in einem Erfahrungsbericht, dass aufgegaste Darmschlingen bei einer Wurminfektion auftreten können und es auch zu Lähmungen führen kann, wenn sich Giftstoffe (Stoffwechselprodukte der Würmer) im Körper ansammeln. Andererseits war Janosch kurze Zeit vor Snowy beim TA und wurde dort mit einem Spot-on gegen Milben behandelt.
5 Tage nach Snowys Rückkehr fand ich einen Spulwurm auf dem Boden.



Es war und blieb der einzige Wurm. Ich schickte das Exemplar zum TA und dieser bestätigte, dass es sich um einen Spulwurm handeln würde. Woher der Wurm stammt und ob er überhaupt aus einem Vogel stammte, wissen wir bis heute nicht. Jetzt war klar, dass der ganze Schwarm gegen Würmer behandelt werden musste. Für mich eine schlimme Zeit. Denn über das Panacur, dass die Vögel bekommen sollte, las ich viel Negatives bis hin zu Todesfällen und auch bei dem Alternativpräparat Concurat hatte ich große Sorge um das Wohlergehen meines Bestandes (v.a. weil Bella mit Atemproblemen schon vorbelastet und auch nicht fit war). Da es Snowy aber so schlecht ging, blieb mir nichts anderes übrig. Da die Vögel zu der Zeit in der Mauser waren, bekamen sie das Concurat.

Bevor ich mit der Behandlung anfing, schickte ich noch einmal eine Sammelkotprobe von allen Vögeln an zwei verschiedene TÄ. Beide Ergebnisse zeigten keinen Wurmbefall oder Wurmeier. Trotzdem war mir klar, dass Snowy stirbt, wenn nichts geschieht. So startete ich die Wurmbehandlung mit Concurat. Die Vögel bekamen 3 Tage das Wurmmittel, hatten dann eine 10-tägige Pause und danach musste die Prozedur noch einmal wiederholt werden. Nach dem ersten und dem zweiten Behandlungszyklus musste alles grundgereinigt werden: Voliere, Einrichtung, das Zimmer und alles, womit die Vögel in Berührung gekommen sind. Wurmeier sind hitzeresistent und mikroskopisch klein, so dass man sie nicht mit bloßem Auge (sondern nur durch ein Mikroskop) sieht. Desinfektionsmittel wirken bis auf ein einziges, das nur unter strengen Sicherheitsvorkehrungen angewandt werden darf, nicht. Ich hatte zwar ein Desinfektionsmittel vom TA mitbekommen. Aber praktisch war die Desinfektion nicht umsetzbar. Das Mittel darf nicht in Gegenwart der Vögel angewandt werden und danach müssen die behandelten Teile mehrere Wochen an der frischen Luft auslüften. Also nahm ich das Risiko in Kauf, mit meinen Maßnahmen vielleicht nicht alles zu erreichen. Die Voliereneinrichtung samt allen Sitz- und Spielplätze auch außerhalb der Voliere entsorgte ich komplett. Der Bodenbelag, der in der Zeit ausschließlich aus Papier bestand, wurde mindestens 1x täglich komplett erneuert. Die Näpfe kamen in die Spülmaschine. Die Voliere wurde abgebaut und draußen penibel genau mit Wurzelbürste, Gartenschlauch und Dampfreiniger gereinigt (insgesamt 6x, da 2 Volieren, 2 Quarantänekäfige und 2 Behandlungszyklen – das heißt: ich war viel unterwegs, um neue Äste zu besorgen, denn die Quarantänekäfige, in denen sie während der Reinigung saßen, mussten ja auch mitgereinigt und neu bestückt werden). Der Wohnzimmerboden, auf dem die Vögel auch herumliefen, wurde Zentimeter für Zentimeter gereinigt. Alles fand im Februar statt, weshalb ich draußen bei Wind und Regen teilweise mit Schneehose und Gartenschlauch stand. Eine fürchterliche Zeit.

Es war ein Versuch, der Erfolg hatte. Am 2. Behandlungstag dachte ich: Das war es jetzt. Snowy stirbt. Aber ab dem 3. Tag ging es bergauf. Das Krampfen in den Füßen wurde weniger und verschwand in der Folgezeit vollständig. Auch das Zittern, der Tremor, hörte auf.

Zwei Wochen nach dem 2. Behandlungszyklus schickte ich noch einmal eine Sammelkotprobe zum TA. Diese war wie die vorherigen negativ, was Wurmeier betrifft.

Würmer müssen bei einem Welli gar nicht auffallen. Die meisten Wellis verhalten sich völlig normal und zeigen völlig normalen Kot. Nur die mikroskopische Untersuchung kann dann eine Wurmbelastung zutage fördern. Das merkte ich im Sommer diesen Jahres, als drei neue Wellis bei uns einzogen. Sie stammten von demselben Züchter wie Snowy und wurden wie Snowy in einer Außenvoliere gehalten. Durch die Erfahrung mit Snowy bestand ich auf einer Untersuchung auf Würmer, die prompt positiv ausfiel. Ihr Verhalten war völlig unauffällig und auch während der Behandlung schieden sie keine Würmer aus. Bei ihnen stellte ich das Gott sei Dank während der Quarantäne bei ihrem Eingangscheck fest. Sie mussten die gleiche Behandlung durchziehen wie Snowy und waren danach wie mein „alter“ Bestand wurmfrei.

Ich kann an der Stelle nur jedem raten, jeden Neuzugang automatisch beim Eingangscheck auch auf Würmer untersuchen zu lassen und ihn bis zum Ergebnis räumlich getrennt von den anderen in Quarantäne zu halten. Bei einer Wurminfektion müssen alle Schwarmmitglieder mitsamt Zimmer und Einrichtung mitbehandelt werden. Snowy hat seit der Wurmbehandlung eine ganz andere Lebensqualität. Mir kommt es so vor, dass er nun endlich der Welli sein kann, der er sein will. Seine komischen „Tage“ hatte er seitdem nicht wieder.

Hier sind noch ein paar Videos dazu:
Snowy Teil 1

Snowy Teil 2

Snowy Teil 3

Der Link zum Diskussionsthread: Erfahrungsbericht - Wurminfektion

Autorin: @joki



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